Das Geisterrad bei Kißlegg

   -G´schtanzl-

Hier geht es sich um zwei Mädchen, die sogar in der Seelenwoche das Tanzen nicht sein lassen konnten. Ihnen widerfährt Schreckliches. Ein Geisterrad überkommt die beiden Fehla und belehrt sie, mit Unterstützung des Pfarrers von Bärenweiler, eines besseren.


Das Geisterrad bei Kisslegg

Zwei kißlegger Föhlen, recht lustige und ausgelassene, die sogar in der Seelenwoche meinten, es müsse getanzt sein, gingen einmal gegen Mitternacht über den Galgenbühl. Sie unterhielten sich über ihre Liebhaber und waren lustig und guter Dinge, als sich ganz unversehens in der Luft ein seltsames Gebraus erhob. Die beiden blieben stehen, um zu hören, woher das Getöse käme. Da sahen sie auch schon in der Luft ein großes feuriges Rad daher fliegen, das sich drehte wie ein Karussell. Aus dem Inneren des Rades aber schrie und pfiff es, als ob lauter Katzen, Ottern und Geißböcke drin gewesen wären. Das Geisterrad kam immer näher, flog ganz langsam und ganz niedrig über die beiden Föhlen weg, am Zellersee vorbei und in einem großen Bogen dem St. Anna-Gottesacker zu. Dort blieb der feurige Kreisel kurze Zeit in der Luft stehen und senkte sich dann lärmend auf ein Grab. Ungefähr eine Minute lang sahen die beiden zu Tode erschrockenen Mädchen noch ein ganz komisches Feuer, dann war die Erscheinung vorüber. Die beiden aber machten, daß sie heimkamen. Vor Angst zitterten und schwitzten sie am ganzen Leib.

Der Herr Pfarrer von Bärenweiler, dem sie die Geschichte erzählten, meinte, es wäre besser, die beiden würden, anstatt in der Seelenwoche zu tanzen, für die armen Seelen beten. Es heißt, den beiden Föhlen sei der Glust zum Tanzen für lang vergangen.

Allgäuer Sagen, hrsg. Hermann Endrös und Alfred Weitnauer - mit freundlicher Genehmigung des Franz-Brack-Verlag, Altusried

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